Worum geht’s?

Im Rahmen der MultiVeg-Studie wurde untersucht, wie sich die tägliche Einnahme eines Multinährstoffpräparats über vier Monate u. a. auf den Mineralstoffstatus gesunder Veganerinnen und Veganer auswirkt. Im ersten veröffentlichten Paper werden die Teilergebnisse für Selen, Jod, Eisen und Zink dargestellt. Ziel war es, herauszufinden, ob die Supplementation potenziell kritischer Nährstoffe in einer veganen Ernährung den Mineralstoffstatus gezielt verbessern kann. 

Hintergrund

Einige Nährstoffe gelten als potenziell kritisch für Veganerinnen und Veganer, da sie entweder  überwiegend in tierischen Lebensmitteln vorkommen oder ihre Bioverfügbarkeit aus pflanzlichen Lebensmitteln eingeschränkt ist. Dazu zählen unter anderem Selen, Jod, Eisen und Zink. 

Deutschland gilt aufgrund geringer Selengehalte im Boden als Selenmangelgebiet; insbesondere bei Veganerinnen und Veganern wird häufig ein niedriger Selenstatus beobachtet. Auch Jodmangel ist weltweit verbreitet und kann zu einer Schilddrüsenunterfunktion mit Symptomen wie Müdigkeit, Gewichtszunahme, Kälteempfindlichkeit und kognitiven Beeinträchtigungen führen. Eisen gilt aufgrund der geringeren Bioverfügbarkeit von Nicht-Häm-Eisen aus pflanzlichen Quellen ebenfalls als potenziell kritischer Nährstoff für Veganerinnen und Veganer. Die Zinkaufnahme kann durch Phytate, die vor allem in pflanzlichen Lebensmitteln wie Vollkornprodukten, Hülsenfrüchten sowie Nüssen und Samen enthalten sind, gehemmt werden. 

Methodik

An der doppelblinden, randomisiert-kontrollierten MultiVeg-Studie nahmen 72 gesunde Veganerinnen und Veganer zwischen 19 und 57 Jahren teil. Die Teilnehmenden wurden einer Interventions- oder einer Kontrollgruppe zugeteilt. Die Interventionsgruppe nahm vier Monate lang täglich ein Multivitaminpräparat (Vitamin A, B2, B12, D3, K2, Calcium, Jod, Eisen, Selen, Zink), ein Omega-3-Präparat (EPA, DHA, Vitamin D3, Vitamin E) sowie ein cholinreiches Sojalecithinpulver (~320 mg Cholin pro Tagesportion) ein. Die Kontrollgruppe erhielt Placebos mit identischen sensorischen Eigenschaften. Beide Gruppen wurden angewiesen, ihre gewohnte Ernährung beizubehalten. Die Wirkung der Intervention wurde anhand von Blut- und Urinbiomarkern vor Beginn und nach vier Monaten untersucht (Selen: Selenoprotein P, SePP; Jod: Jod im Urin, UIC; Eisen: Hämoglobin, Hb, löslicher Transferrinrezeptor, sTfR und Ferritin, FER; Zink: Zink im Vollblut). Zusätzlich wurden anthropometrische Daten, Nährstoffzufuhr und weitere Blutparameter erfasst. Die Auswertung erfolgte mittels ANCOVA unter Kontrolle von Ausgangswerten, Geschlecht und Alter.

Ergebnisse

Selen:

  • Zu Studienbeginn (Baseline) lagen die medianen Selenoprotein-P-Konzentrationen (SePP) in beiden Gruppen im unteren Referenzbereich: 33 µg/L in der Interventionsgruppe und 36 µg/L in der Kontrollgruppe, womit ein tendenziell niedriger Selenstatus vorlag.
  • In der Interventionsgruppe kam es nach 4 Monaten zu einer signifikanten Erhöhung des SePP.
  • Im Vergleich zu der Kontrollgruppe zeigten sich deutliche Verbesserungen des Selenstatus.

Jod:

  • Auch der Jodstatus war zu Baseline in beiden Gruppen deutlich reduziert. Die mediane urinary iodine concentration (UIC) lag in beiden Gruppen bei 44 µg/g Kreatinin, was klar unterhalb des optimalen Referenzbereichs (100–299 µg/g) liegt und eine weit verbreitete Jodunterversorgung der Teilnehmenden zeigt. 
  • UIC stieg in der Interventionsgruppe signifikant an.
  • Die Kontrollgruppe wies weiterhin Werte im Bereich eines Jodmangels auf.

Keine signifikanten Effekte wurden beobachtet für:

  • Hb, FER, sTfR
  • Vollblutzink

Schlussfolgerung

  • Die Selen- und Jod-Supplementation (70 µg Selen/Tag, 150 µg Jod/Tag) führten zu einer signifikant verbesserten Versorgung mit diesen Mineralstoffen. 
  • Da sowohl der Selen- als auch der Jodstatus zu Studienbeginn insgesamt niedrig waren, bestätigt dies ihre Einstufung als potenziell kritische Nährstoffe in der veganen Ernährung.  
  • Für Eisen und Zink zeigte sich kein signifikanter Effekt auf den Nährstoffstatus, vermutlich weil die Werte der Teilnehmenden bereits vor Beginn der Intervention innerhalb des Referenzbereichs lagen.

Fazit und Ausblick

  • Die Ergebnisse unterstreichen die Bedeutung einer Supplementierung von Selen und Jod bei Veganerinnen und Veganern – insbesondere in Ländern wie Deutschland, in denen die natürliche Versorgung über Lebensmittel oft unzureichend ist.
  • Eine moderate Zufuhr über ein Multinährstoffpräparat scheint sinnvoll und wirksam, um bestehende Versorgungslücken zu schließen.
  • Für Eisen und Zink bewirkte das Multinährstoffpräparat keine signifikanten Veränderungen. Die Autoren halten es daher für denkbar, dass eine Supplementierung vor allem dann wirksam ist, wenn bereits ein Mangel oder eine Unterversorgung besteht oder höhere Dosierungen bzw. längere Einnahmezeiträume gewählt werden.

Der vollständige Artikel ist unter diesem Link abrufbar.