In den vergangenen Jahrzehnten ist die Prävalenz chronischer Krankheiten weltweit, besonders in den Ländern mit hohem Einkommen, drastisch angestiegen. Ähnliche Trends zeigen sich vermehrt auch in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen. Allein in Europa sind etwa 50 Millionen Menschen von Multimorbidität betroffen. Multimorbidität bezieht sich auf das gleichzeitige Vorhandensein von mehreren Krankheiten bei einer einzelnen Person. Multimorbidität kann zu einer verminderten Lebensqualität führen, ebenso zu Behinderungen und erheblichen Gesundheitsfolgen. Daher ist es entscheidend, vermeidbare Risikofaktoren für Multimorbidität zu identifizieren, um präventive Maßnahmen zu entwickeln.

Zusätzlich zur steigenden Prävalenz chronischer Krankheiten hat auch der weltweite Konsum von hochverarbeiteten Lebensmitteln (UPFs) erheblich zugenommen und macht heute in einigen Ländern 50–60 % der täglichen Energiezufuhr aus. Diese Lebensmittel ersetzen immer mehr frische sowie wenig verarbeitete Lebensmittel in der Ernährung. UPFs sind industriell hergestellte Produkte, die aus veränderten Lebensmittel-Bestandteilen bestehen und Zusatzstoffen enthalten. Zu ihnen gehören beispielsweise typischerweise Frühstücksflocken, Kekse, verarbeitete Fleischprodukte, Instantnudeln sowie Softgetränke.

In einem Artikel von Cordova et al. werden die Ergebnisse einer Kohortenstudie präsentiert, in der der Zusammenhang zwischen der Gesamtmenge der konsumierten UPFs und dem Risiko für Multimorbidität untersucht wurde. Krebs, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Diabetes-Typ-2 wurden als Formen der Multimorbidität definiert. Diese Erkrankungen gehören weltweit zu den Hauptursachen für Mortalität und sie weisen gemeinsame vermeidbare Risikofaktoren wie eine ungesunde Ernährung auf. 

Die Europäische Prospektive Untersuchung zu Krebs und Ernährung (EPIC) ist eine laufende, multizentrische prospektive Kohortenstudie, die die Zusammenhänge zwischen Ernährung, Lebensstil, genetischen und Umweltfaktoren und der Inzidenz von Krebs und anderen Krankheiten untersucht. Von 1992 bis 2000 wurden in 10 europäischen Ländern (Dänemark, Frankreich, Deutschland, Griechenland, Italien, Norwegen, Spanien, Schweden, den Niederlanden und dem Vereinigten Königreich) etwa 267.000 Teilnehmer (davon 60 % Frauen) untersucht. Das Alter der Teilnehmer lag zwischen 35 und 74 Jahren. In Oxford (Vereinigtes Königreich) waren die Hälfte der Teilnehmer Lacto-Ovo-Vegetarier oder Veganer.

Um den Verzehr von UPFs zu schätzen, wurde das Nova-Lebensmittel-Klassifikationssystem in die EPIC-Datenbank (mit mehr als 11.000 Lebensmitteln) integriert. Lebensmittel und Lebensmittelzutaten wurden in ihre Bestandteile zerlegt und dann gemäß der Nova-Klassifikation eingestuft. Nova unterteilt sich in vier Gruppen: 1) unverarbeitete oder minimal verarbeitete Lebensmittel (z. B. Obst, Gemüse, Getreide, Mehl und Nudeln), 2) verarbeitete Zutaten (z. B. Zucker, Öl, Salz), 3) verarbeitete Lebensmittel (z. B. Käse, Brot, Marmelade, Fisch in der Dose), und 4) hochverarbeitete Lebensmittel (z. B. Softdrinks, Snacks, verarbeitetes Fleisch/Wurstwaren und Tiefkühlprodukte). In der vorliegenden Studie wurde der Konsum von Lebensmitteln der vierten Gruppe untersucht.

Die Ergebnisse der Studie zeigen einen positiven Zusammenhang zwischen Multimorbidität und einem höheren Konsum von UPFs. Ein höherer Konsum von UPFs zeigte positive Assoziationen mit Krebs, kardiovaskulärer Erkrankung und Diabetes-Typ-2. Unter den UPFs war der Konsum von tierischen Produkten sowie von Softdrinks positiv mit dem Risiko für Multimorbidität assoziiert. Saucen, Aufstriche, Würzmittel, hochverarbeitetes Brot und Getreideprodukte zeigten ebenfalls eine positive Assoziation mit dem Risiko für Multimorbidität. Dahingegen zeigten die verbliebenen Lebensmittel wie Snacks, pflanzliche Alternativen, verzehrfertige Tiefkühlprodukte und andere nicht näher spezifizierte hochverarbeitete Lebensmittel keine Assoziation mit dem Risiko für Multimorbidität.

Der Artikel ist hier kostenlos abrufbar.

Quelle: Cordova R., Viallon V., Fontvieille E. et al. Consumption of ultra-processed foods and risk of multimorbidity of cancer and cardiometabolic diseases: a multinational cohort study. The Lancet Regional Health 35, 100771 (2023).